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Schwedens Westküste 2002

Ich schaue aus dem Fenster der Fähre Helsingör - Helsingborg und es regnet Bindfäden draußen. Hoffentlich ist das keine Vorausschau auf die nächsten drei Wochen, in denen wir entlang der westschwedischen Schärenküste fahren wollen. Gleich wollen wir noch bei Monica und Dieter, unseren schwedischen Freunden, einen kurzen Mittagsstop einlegen. Dank der schwedischen Gastfreundschaft ist es kein Problem, daß wir zu Viert einfallen. Nach einem warmen Essen und ausgesprochener Einladung, doch auf dem Rückweg wieder vorbei zu kommen, machen wir uns im Regen auf den Weg nach Norden, wo wir kurz hinter Stenungsund auf der Insel Tjörn Dave treffen wollen, der auf der Rückreise von den Lofoten zu uns stößt. Gegen Abend läßt der Regen nach und wir können unsere Zelte sogar im Trockenen aufbauen. Gemütlich sitzen wir untermTarp, Dave erzählt vom Arctic Sea Kayak Race, das dieses Jahr nur als Wanderfahrt stattfand, und wir schmieden Pläne für die nächsten zwei Wochen (die dritte Woche wollen Robert und ich nach Norwegen).

Am nächsten Morgen beim Packen der Boote scheint schon die Sonne, herrlich! Wir brauchen wie immer am ersten Morgen ziemlich lange, um die Boote zu packen, jedes Teil muß erstmal seinen Platz im Boot finden. Die Autos werden noch eben auf dem Parkplatz vor dem Campingplatz abgestellt und schließlich lassen wir unsere Kajaks zu Wasser und los geht's. Zunächst geht es unt der hohen Tjörn-Brücke hindurch, die schon beeinruckend ist, wenn man so klein und so weit unten sitzt. Immer wieder tauchen kleine Inseln und Felsen auf und so kann das Auge wandern, während der Körper versucht in den Paddelrhythmus zu kommen. Durch die vielen Schären, so heißen die kleinen Inseln in Schweden, wird die Navigation etwas unübersichtlich und wir sind froh, das wir zusätzlich zu den 1:100000 Topographischen Karten auch die 1:50000 Sportbootkarten dabei haben. Plötzlich reißt mich ein lautes Tuten aus meinen Gedanken, ein riesiger Autodampfer läuft aus dem Svanvikskileim Süden der Insel aus und verlangt Vorfahrt. Da das riesige Schiff nach den Gesetzen der Physik ganz klar im Vorteil ist, lassen wir es gewähren und suchen uns dann alsbald eine kleine Schäre für unsere Mittagspause. Es ist schon kräftig warm geworden und uns ist auch im T-Shirt mehr als warm. Mit Brötchen, Paprika und Keksen stärken wir uns wieder soweit, daß es weiter gehen kann. Robert und Tanja legen nach der Mittagspause etwas an Tempo zu, ich habe noch etwas Schwierigkeiten damit, ich muß den ersten Tag erstmal reinkommen. So fahren Dave, Sandra und ich in etwas Abstand hinterher. Wir beschließen in Rönnang, am Südende Tjörns, nach einer Unterkunft zu suchen. Robert und ich marschieren los und fragen alle, die uns entgegen kommen nach einer Jugendherberhe oder ähnliches, aber es sind fast nur Touris, die sich hier auch nicht richtig auskennen. Schließlich werden wir doch noch fündig auf der anderen Seite des Berges gibt es ein Hotel mit angeschlossenem, nettem Vandrarhejm, wo wir beschließen zu bleiben. Zurück an der Badestelle bringen wir unsere Boot aus dem Wasser auf die Bootswagen. Nun heißt es in schweißtreibender Arbeit die beladenen Kajaks den Berg hochzuziehen, die Damen haben etwas Probleme damit ;-). Aber nach einer Dusche beim Abendessen im Garten geht es uns allen schon wieder ziemlich gut, es ist traumhaftes Wetter und ein ebensolcher Sonnenuntergang macht Lust auf mehr Urlaub die nächsten Tage.

Nach einem gemütlichen Frühstück im Garten des Vandrarhejms rollen wir unsere Boote auf der anderen Seite des Berges zum kleinen Fischer/Seglerhafen. An einem schönen Leuchtturm vorbei geht es in die Westschären der Insel Tjörn. Die Navigation wird hier schwieriger und wir sind froh, Roberts Sportbootkarten dabei zu haben. Die Mittagspause in Skärhamn findet bei knalliger Hitze statt. Lustig ist die Kirche des Ortes, mit einem breiten Mund verziert, anzusehen, die Augen bilden zwei Fenster. Auch müssen wir unsere Vorräte wieder auffrischen, denn wir wissen noch nicht, ob wir heute abend einkaufen können. Schön geht es durch die Schären am Nachmittag, die Orientierung wird leichter, denn es sind so viele Segelboote unterwegs, sodaß wir die Fahrrine an den vor uns aufgereiten, weißen Segeln erkennen können. Gegen Abend kommen wir an der Insel Mollön an, wir beschließen hier ein Nachtlager zu bauen. In zwei Gruppen suchen wir nach einer guten Stele zum Zeltaufbau. Von Robert und Sandra ist plötzlich nichtsmehr zu sehen, wir sehen sie noch mit zwei Schweden wegpaddeln. Ungeduldig muß ich zusammen mit Tanja und Dave warten, bis sie wiederkommen. Dafür hat sich das Warten dann auch gelohnt. Die Stelle ist wirklich schön zum Campen. Tanja und ich bauen die Zelte auf, Dave und Robert fahren noch rüber nach Mollösund zum Wasser holen und Sandra geht die Angelrute im Wasser baden. Dann ist Baden angesagt, bevor ein vorzügliches Mahl den Tag abschließt.

Nach einer ruhigen Nacht und einem ausführlichen Frühstück verlassen wir die Insel wieder und es geht weiter Richtung Norden. Bei einem kurzen Stop in Mollösund kaufen wir noch ein paar Sachen ein. Die Fahrt mit dem Kajak durch den Schärengürtel ist wirklich wunderschön und ich nehme die Landschaft noch einmal ganz anders war als vor Jahren mit dem Fahrrad. Viele kleine Leuchtfeuer weisen den Weg und dienen uns als schönes Fotomotiv. Allerdings wissen auch viele Segler die Schönheit der Landschaft zu schätzen und so fahren wir hinter Bratö hinaus in den äußeren Schärengürtel, wo weniger los ist. Pitoresk ist der Ort Gullholmen, leider sind wir zuviele um irgendwo anzulegen und erst hinter dem Ort finden wir eine Möglichkeit zu fünft die Kajaks auf ein paar Felsen zu ziehen. Bei der Mittagspause kommt noch ein Schwede in seinem schönen, selbstgebauten Holzseekajak vorbei. Langsam sehen wir mehr Kajaks als weiter südlich. Das Wetter ist wie die bisherigen Tage traumhaft, wir haben einen tollen Sommer in Schweden erwischt. Die Strecke bis Lyseskil zieht sich aber noch ganz gut und wir sind froh als wir am Campingplatz 2 km nördlich von Lyseskil ankommen. Beim Abendessen treffen sich afrikanische und schwedische Küche: es gibt Couscous mit Kötbollar. Ein Whisky zum Einschlafen und die Aussicht auf einen Pausentag lassen uns gut schlafen. Unseren Pausentag verbringen mit einem gemütlichen Bummel durch Lyseskil, das etwa 3 km vom Campingplatz entfernt liegt. Mittags essen wir eines der preisgünstigen Mittagsmenüs, bei dem im Vergleich zum normalen Essen ein Salat und ein Getränk im Preis mitinbegriffen ist. Lyseskil ist ein schöner Ort zum bummeln und nicht so überlaufen wie Smögen. Am Nachmittag vertreiben wir uns die Zeit mit Zeitung lesen und Kuchen essen und Kaffee trinken.

Frisch gestärkt brechen wir am nächsten Tag Richtung  Smögen auf, die Sonne ist immer noch unsere zuverlässige Begleiterin, erstaunlich das ausdauernd gute Wetter. Eine leichte Brise aus Nordosten sorgt dafür, daß uns nicht zu heiß wird. Die heutuge Route geht etwas weiter nach draußen, aber leider sind auch hier keine Wellen zu verzeichnen: zu wenig Wind. Kurz vor der Mittagspause, als wir auf die Insel Hallä zufahren, taucht vor uns etwas Schwarzes auf: eine Robbe, die neugierig schaut, aber immer wenn wir zu nahe kommen dann doch wegtaucht. Langsam lasse ich mich von der Landschaft gefangennehmen und vergesse die Zeit, die uns zuhause immer so gefangenhält. Faul liegen wir in der Mittagspause auf flachen Felsen vor Smögen herum. Dies nehmen wir dann mit dem Kajak auf's Korn. Smögen ist noch touristischer geworden als 1987, wo ich schonmal bei einer Fahrradtour hier war. Von dem Flair, von dem meine Eltern schwärmen, die in den 60er Jahren ihre Verlobungsreise hierher gemacht haben, ist nichts mehr übrig. Es ist ganz spannend durch das bunte Treiben der Segeljachten, Motorboote und Ausflugsdampfer mit dem Kajak durchzufahren, aber ein Fischerort ist das schon lange nicht mehr. So freuen wir uns dann, als wir nördlich von Smögen, nachdem wir die Alba-Fischfabrik passiert haben (ein IKEA deja-vue) in der "Sonnenbucht" (Solviken) bei Väjern einen schönen Campingplatz (Camping Solviken) finden. Robert und Sandra versuchen noch ihr Glück beim Angeln, Tanja und ich kaufen mangels Vertrauen in die Fangquote Kassler und Kartoffelsalat für's Abendessen. Mit einer hervorragenden Mousse Au Chocolat von Dave und einem Linie Aquavit klingt der Abend aus.

Am nächsten Morgen müssen wir ohne Dave weiterfahren, der heute sein Auto holt und dann die Heimreise nachhause antritt. Wir haben heute eine gute Strecke bis nach Fjällbacka vor uns und der Wind unterstützt uns, da er auf Süden gedreht hat. Bevor wir ihn wieder richtig nutzen können müssen wir jedoch zunächst einmal durch den Sotekanalen, wo wir einen schönen alten Schoner aus Bremen überholen. Hunnebostrand lassen wir "rechts" liegen und nutzen den Wind in der offenen Passage Richtung Heestrand, endlich haben wir mal ein bisschen Wellen. Sogar ins Surfen kommen wir ein bis zwei mal. Mittags finden wir wieder ein paar traumhafte Felsen für die Pause, die Fotos können jedes Schwedenprospekt zieren.  Durch den Hamburgsundkanal kommen wir weiter in Richtung Fjällbacka. Am Horizont ziehen Wolken auf, die schlechteres Wetter ankündigen könnten. Wir schlagen unsere Zelte in Fjällbacka auf, wo wir morgen schon wieder einen Tag faulenzen wollen, herrlich! Für mich ist es ein Wiedersehen, ich war vor 4 Jahren hier mal mit dem Fahrrad und mir hat Fjällbacka schon damals gut gefallen. der Ort ist trotz der Touristen nicht so fürchterlich überlaufen wie Smögen. Sandra und Robert bereiten das Abendmahl, nachdem wir uns unter's Tarp zurückziehen müssen, weil es etwas zu tröpfeln anfängt. Nach langem Ausschlafen und einem gemütlichen Frühstück erkunden wir den Ort. Wir laufen durch eine Schlucht auf den Hausberg,  der ganze 79m hoch ist und eine schöne Aussicht auf die Schären bietet. Ein großer Einkauf für den Grillabend runden den Besuch im Ort ab. Abends spielen unsere schwedischen Nachbarn Ukulele und singen Lieder dazu, so klingt dieser Tag gemütlich aus.

Am nächsten Morgen heißt es denn wieder die Zelte abzubauen und weiterzuziehen. Etwas mühsam quälen wir uns aus unseren Schlafsäcken, ein Pausentag macht faul. So brauchen wir heute besonders lange, erst um 11:30 Uhr sind wir auf dem Wasser. Eigentlich ist mir das zu spät, aber manchmal sind die anderen halt nicht schneller. Das Wetter ist etwas komisch, der Himmel ist etwas bedckt und die ganze Szenerie wirkt etwas unwirklich, da das Wasser kaum bewegt ist. Dafür sehen wir heute immer mal wieder Gruppen von Paddlern hinter einer Insel vorkommen.  Mittags versuchen Sandra und Robert wieder ihr Glückbeim Angeln, dabei versenkt Robert den Blinker und es ist erstmal Schluß mit der Angelei. Der Himmel wird zunehmend dunkler und eigentlich wird es Zeit, daß wir vom Wasser kommen, wenn wir nicht von einem Gewitter überrascht werden wollen. Direkt hinter Grebbestadt wollen wir zelten, doch der Campingplatz ist so laut, daß wir weiterfahren. Wir kommen noch trocken aus dem Wasser, aber beim Zeltaufbau bricht das Gewitter dann los. Leider haben wir zusätzlich die Zelte anscheinend direkt dort aufgebaut wo das Wasser den Hang hinunter fließt. So gehen wir nochmal zur Rezeption um und schnappen uns eine Hütte, unsere Zelte tragen wir aufgebaut zur Hütte zum trocknen, ein Bild das große Fragezeichen auf den Gesichtern der anderen Camper hinterläßt.
Ein gutes Mahl und ein Whisky läßt uns wieder warm werden und den Abend ausklingen. Den nächsten Tag können wir die Zelte wieder trocken verpacken. Auf dem Fußmarsch nach Grebbestadt (knappe Stunde) fängt es allerdings wider an zu regnen, dafür gibt es eine Labyrinth aus Steinen, von schwedischen Vorfahren gesetzt, an der Straße. Grebbestadt ist nicht so schön wie Fjällbacka, bietet uns aber eine Einkaufsmöglichkeit und ein Restaurant, indem wir ein Mittagsmenue essen. Der Rest des Tages wird mit Faulenzen verbracht.

Nach noch einmal kräftigem Regen in der Nacht zeigt sich der nächste Morgen wieder von der besten Seite mit schöner Sonne. So frühstücken wir auf der Veranda und sitzen schon vor der Mittagszeit wieder mal im Boot. Viel Wind ist auch heute nicht, aber dadurch, daß er aus Westen kommt, ist eine leichte Dünung spürbar. An einigen Felsen zeigt sich sogar ein bisschen Brandung, was ja bisher selten war. Kurzentschlossen ändern wir unsren Kurs nach der Mittagspause und biegen bei Kalvön zu den Kosterinseln ab. Die Überfahrt ist ziemlich harmlos und eine gute Abwechslung zum shippern zwischen den Schären. Auf halben Weg sehen wir ein toten Seehund, die Seehundstaupe hat dieses Jahr viele Opfer entlang der Küsten von Nord- und Ostsee gefordert. Kyrkosund auf der südlichen Insel bietet uns eine kurze Rast, bevor wir uns dann zur Nordinsel aufmachen, wo es einen kleinen Naturcampingplatz (ohne Dusche, nur mit Wasserhahn und Plumsklo) geben soll. Robert prescht vor und will schon in den Sund zwischen den beiden Inseln einbiegen. Schließlich finden wir den schönen, aber sehr einfachen Platz noch in einer kleinen Bucht gegenüber der Insel Saltholmen am nordöstlichen Ende von Nordkoster. Die Dusche wir durch ein Bad in der Bucht ersetzt. Abends flüchten wir ins Zelt, als es dunkel wird, die Mücken kommen in Scharen und irgendwann hilft auch kein "Djungeloja" mehr.
Die nächsten zwei Tage entdecken wir die Kosterinseln, wo man schön auch eine Woche verbringen kann. Wanderungen auf der Nordinsel zum Leuchtturm, in den kleinen Ort und entlang der Felsenküstesind eine gute Abwechslung. Eine Tour mit dem Kajak zum Leuchtturm auf der südlichgelegenen Insel Ursholmen und nahen Seehundbänken lassen nochmal richtiges Seekajakfeeling aufkommen, da an diesem Tag sogar ein paar Wellen zu finden sind, auf denen man schön zwischen den Felden vorbeisurfen kann. Ein Bad in der Bucht an unserem Campingplatz schließt einen schönen Tag und leider auch schon fast den gemeinsamen Urlaub ab. Abends sitzen wir auf dem Deck des einzigen Restaurants am Hafen und genießen in der Abendsonne Hamburger und Bier. Danach sitze ich mit Sandra abends noch unten am Wasser und wir schauen lange dem Sonnenuntergang zu.
Am nächsten Morgen geht es mit dem Kajak zurück zum Festland, von wo Robert und ich uns noch für ein paar Tage nach Norwegen aufmachen und Tanja und Sandra wieder zurück nach Süden fahren.


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