Die Wanderung: 9 Tage Torres del Paine
findet Ihr hier.
(Tourenkarte
Radtour- siehe unten)
Die Radtour - die Richtung weist ganz allein der Wind
Es ist Mittags, wir sitzen unter einem Baum am Flughafen in Santiago
und schwitzen bei über 30 Grad im Schatten. Dies ist ein
merkwürdiger
Anfang für eine Tour nach Feuerland. Aber in Madrid hatte unser
Flieger
der LAN Chile ein
Problem mit dem Triebwerk und so können wir erst heute nachmittag
weiterfliegen nach Punta Arenas und werden auf dem Flug
zunächst
mit einem tollen Blick über die Anden belohnt. Kurz vor
Mitternacht
landen wir in Punta Arenas. Ruckzuck sind alle Leute verschwunden,
nachdem
das Gepäck ausgeteilt wurde und als wir das Flughafengebäude
verlassen, sind wir die letzten. Ein Mann der noch auf uns gewartet
hat,
schließt hinter uns ab und fährt nach Hause. Im
völligen
Dunkel bahnen wir uns den Weg ins Nirgendwo. Punta Arenas ist noch gut
20 km entfernt und wir sind von über 20 Stunden Reise fix und
fertig.
Tapfer kämpfen wir uns noch knapp 10 km durch den einsetzenden
Regen,
bevor wir am Straßenrand unser Zelt aufbauen und erschöpft
in
unsere Schlafsäcke kriechen.
Am nächsten Morgen kommen wir gegen 8:00 Uhr aus unseren
Schlafsäcken,
der Regen hat sich verzogen, die Sonne scheint und wir sehen zu,
daß
wir nach Punta Arenas reinfahren, da wir nichts zum Frühstück
haben außer einer Tafel Schokolade. Wir suchen uns ein Hostel und
gehen erstmal richtig Frühstücken, danach ist ein
fauler Tag mit Einkaufen und Vorbereiten auf die nächsten Tage
angesagt.
Punta Arenas ist eine relativ unspektakuläre Stadt, vom Hausberg
hat
man eine ganz schöne Sicht über die Magellanstraße.
Unser
erstes Ziel per Fahrrad ist eine Pinguinkolonie gut 70 km
nordöstlich
von Punta Arenas. Die ersten 30 km auf der R9 kommen wir noch ganz gut
voran, der Wind weht von NW. Kurz hinter dem Abzweig zur Pinguinera an
der Polizeistation machen wir Mittagspause. Danach läßt
Patagonien
uns zum ersten Mal spüren, was es heißt, gegen den Wind zu
fahren.
Mühsam kommen wir mit zum Teil unter 8 km/h voran, getrieben nur
von
dem Wunsch heute noch Pinguine zu sehen. Schließlich erreichen
wir
das Meer, müssen aber noch eine Kupfermine umfahren, bevor wir
wieder
ans Meer kommen und endlich da sind, knappp 35 km vom Abzweig entfernt.
Die Kolonie wird von einer Stiftung betreut, die viele Deutsche als
Betreuer
einsetzt, so stehen unsere mangelnden Spanischkentnisse einer
Führung
nicht im Weg. Die Pinguine lassen sich durch uns nicht stören und
sind putzige Gesellen. Gut lassen sich die Vögel beobachten, wie
sie
vom Meer zu ihren Erdhölen watscheln. Ein wenig müssen wir
jedoch
danach noch Radfahren, direkt an der Pinguinera wollen wir nicht
übernachten.
Ein etwas windgeschützter Platz dient uns als Nachtlager, nach dem
Essen fallen wir totmüde in unsere Schlafsäcke.
Am nächsten Morgen bläst der Wind wieder unerbitterlich
aus
Westen. Nach einem Frühstück mit Müsli und Tee bauen wir
vorsichtig das Zelt ab, ohne das es uns wegfliegt. Mit bis zu 35 km/h
ohne
zu treten sind wir im Nu wieder an der Polizeistation. Nun geht unser
Weg
eigentlich in Richtung Nordosten, denn wir wollten mit dem Fahrrad nach
Puerto Natales fahren. Mittlerweile ist der Wind aber so stark
geworden,
daß wir uns kaum noch stehend auf der Straße halten
können.
Es hat keinen Sinn den Weg per Fahrrad fortsetzen zu wollen. Da wir
aber
auch nicht nach Punta Arenas zurückwollen, versuchen wir einen Bus
anzuhalten. Beim zweiten haben wir Glück, schnell sind die
Fahrräder
in den Gepäckfächern verstaut und wir sitzen im warmen Bus.
220km
sind es bis Puerto Natales und der Busfahrer hat Mühe den Bus auf
der Straße zu halten bei dem starken Wind. Der Blick geht hier
unendlich
weit in die Landschaft, nur ein paar einzelne Estanzias bilden eine
Abwechslung
in der weiten Pampa. Ich finde die Landschaft faszinierend, die Weite
schafft
auch innerlich eine Öffnung der Gedanken und der Streß der
letzten
Zeit fällt ab. Das ist später auf dem Fahrrad noch intensiver
zu spüren. In
Puerto Natales angekommen spricht uns ein kleines Mädchen an, ob
wir
eine Unterkunft brauchen und so folgen wir ihr zu einer kleinen
Pension,
d.h. im kurzen Sommer räumt die Familie ein Großteil ihres
Hauses
und wohnt in einem Zimmer. Der Rest steht dann Reisenden offen, wir
bedauern,
daß unser Spanisch auf 2,3 Worte begrenzt ist, denn sonst
wäre
die Verständigung mit den freundlichen Menschen etwas
auschweifender.
Der Nachmittag ist ausgefüllt mit Einkaufen für 12 Tage
Torres
del Paine. Wenn morgen der Wind nachläßt, wollen wir
versuchen
mit dem Fahrrad in den Nationalpark hineinzufahren um dort dann den
berühmten
'Circuit' abzuwandern. So benötigen wir für 12 Tage Essen,
denn
außer ein bißchen Kekse und Tütensuppen kann man im
Park
nicht viel einkaufen. Etwas Leichtnahrung für die Wandertage haben
wir schon aus Hamburg mitgebracht. Aber Brot und Wurst und alles was
man
sonst noch braucht, kann man in Puerto Natales gut einkaufen. Der Ort
ist
Ausgangspunkt für alle Wanderer, die in den Torres del Paine
Nationalpark
wollen und entsprechen viel Trubel und Leben ist hier. Abends gehen wir
essen und dann früh zu Bett, denn am nächsten Tag steht eine
anstrengende Fahrradetappe an.
So stehen wir dann am nächsten Morgen auch früh auf,
der
Wind hat nachgelassen, den Tag müssen wir nutzen um so weit wie
möglich
in Richtung des Parkes zu kommen. Schon
um 9:00 Uhr sind wir auf dem Rad, nachdem wir unserer Gastfamilie Adios
gesagt haben. Der Wind hält sich immer noch bedeckt und so kommen
wir die ersten 2 Stunden gut voran. Die Strecke richtig schön, im
Hintergrund tauchen die Berge auf. Langsam wird es auch auf der Piste
bergiger.
Nach einem steilen Stück machen wir an einem windgeschützten
Plätzchen eine Pause und stärken uns ein wenig. Dann geht es
weiter bis Cerro Castillo, einem kleinen Grenzort zu Argentinien, ich
würde
es Windy Town nennen, ähnlich einer Stadt wie ich sie
mir immer im Wilden Westen vorgestellt habe. Nach 65 km haben wir uns
eine
längere Pause verdient und so kehren wir ein und genehmigen uns
einen
Hamburger und ein Bier. Das zieht nach der Anstrengung ganz schön
rein. Noch liegen vor uns 30 anstrengende km, immer mehr Kleinbusse
überholen
uns, die Wanderer in den Nationalpark bringen. Inzwischen ist der Wind
wieder aufgefrischt, sodaß wir an den wenigen Strecken, die
bergab
führen trotzdem ganz schön stark treten müssen, um voran
zu kommen. Vor dem Abzweig in den Park (Die Straße geradeaus
führt
nach Argentinien, kann aber offiziell nicht genutzt werden, da es
keinen
Grenzübergang gibt.), haben sich Straßenbauarbeiter ihr
Basislager
geschaffen. Wir nutzen die Gelgenheit, um nocheinmal an Trinkwasser zu
kommen. Nun müssen wir uns auch langsam einen
Übernachtungsplatz
suchen, da das Campen im Park außerhalb der Biwakplätze
streng
untersagt ist. Wir bauen unser Zelt direkt neben der Straße auf,
Schutz gegen Wind gibt es hier nirgendwo. So wird die Nacht ziemlich
unruhig,
denn der Wind nimmt noch mehr zu.
Am nächsten Morgen nach einem Frühstück
bläst
der Wind wieder mit voller Kraft und Hauke kann kaum noch vor Lachen,
als
ich den Ausspruch wage, "Was machen wir jetzt?". Mir erscheint ein
Zeltabbau
unmöglich bei dem Wind, aber mit vereinten Kräften gelingt
uns
das doch und wir kämpfen uns weiter Richtung Parkeingang. Dafür
entschädigen uns heute tolle Ausblicke auf die Torres, die immer
wieder
hervorkommen, wenn die Piste eine Biegung macht. Und auch die
Guannacos,
eine südamerikanische Lamaart, scheinen sich über unseren
Besuch
zu freuen, denn sie sind gar nicht scheu und lassen uns nah an sie
heran.
Schließlich erreichen wir die Laguna Amarga kurz vor dem
Parkeingang.
Als wir weiterfahren wollen hat Hauke einen Platten, der schnell
geflickt
ist, aber nun will sich seine Hydraulikbremse nicht wieder einstellen
lassen.
Nachdem wir eine Unterlegscheibe zurechtgebogen haben, löst sich
auch
dieses Problem. Noch zwei kleine Hügel und wir erreichen den
Parkeingang,
wo uns ein Ranger freundlich begrüßt. Zunächst
müssen
wir uns registrieren lassen und die obligatorische Gebühr für
den Aufenthalt entrichten. Gleichzeitig kaufen wir am Kiosk noch etwas
zu trinken und ein paar Kekse, die uns für die restlichen 7 km bis
zur Hosteria stärken. Das Ziel so nah vor Augen sind die nicht
mehr
schlimm, nur noch ein knackiger kurzer Anstieg steht uns bevor. Wir
treffen
auf einen Belgier der schon zwei Jahre mit dem Rad unterwegs ist und
von
Alaska herunter kommt. Er hat sich allerdings nur einen Tag für
den
Nationalpark Zeit genommen. Nach einem kurzen Plausch geht es weiter
zum
Campingplatz an der Hosteria. Der Rest des Tages ist mit Vorbereitungen
für die nächsten Tage ausgefüllt, unsere Räder
schließen
wir an der Hosteria an und unsere Fahrradtaschen können wir in der
Hosteria abgeben. Ein letztes Bier am Abend und morgen geht's dann los.
9 Tage Torres del Paine findet Ihr
hier.
Nach über einer Woche Wandern in diesem einzigartigen
Nationalpark
wollen wir nun wieder Richtung Süden vorstoßen, mit dem Wind
im Rücken, wie wir hoffen. Heute Morgen scheint die Sonne und wir
haben im Gegensatz zu einigen anderen die stürmische Nacht im Zelt
gut überlebt. Einige billige Igloozelte stehen nur noch in Fetzen.
Beim Abbau werden wir allerdings unser Zelt auch fast los. In Ruhe
wollen
wir das Außenzelt zusammenlegen, bei dem Wind brauchen wir 4
Hände
dafür. Plötzlich fegt
eine Windböe unters Innenzelt und reißt dieses samt
Häringen
aus dem Boden. Der nächste Baum beendet den stürmischen
Aufbruch
des Innenzeltes rapide und hinterläßt 3 der 4 Zeltstangen
mit
deutlichen Dellen. Vorsichtig biegen wir sie wieder etwas gerade und
hoffen,
daß sie weiter gut halten. Nachdem wir den Stichweg von der
Hosteria
zurück zur Garderia hinter uns gelassen haben, geht es fast immer
bergauf. Noch scheint die Sonne und die langen Haare der Guanocos
fliegen
im Wind. Dieser frischt immer mehr auf, wir können uns kaum mehr
auf
dem Fahrrad halten und kämpfen uns nur noch mühsam
vorwärts.
Die losen Steine der Piste, mehr als daumengroß, fliegen uns
waagerecht
um die Ohren. Eine Böe schmeißt Hauke in den Graben, ich
lege
mein volbepacktes Fahrrad ab und schaue nach Hauke. Mein Fahrrad wird
vom
Wind von der Straße in den Graben befördert. Einige
Zeit können
wir nur die Hände schützend über unseren Kopf halten, um
nicht die Steine ungebremst ins Gesicht geschleudert zu bekommen. In 3
Stunden schaffen wir kaum mehr als 15 km, erst gegen späten Mittag
wird es etwas besser als Regen einsetzt. Ich freue mich fast über
den Regen, am Refugio Pedeto machen wir eine kleine Pause. Dann geht's
weiter Richtung Süden zum inoffiziellen Ausgang des Parkes. Es ist
schon später Nachmittag als wir am Administration Center des
Parkes
ankommen und einen Rundgang durch die kleine Ausstellung machen. Nun
sind
es nur noch wenige km bis zur ehemaligen Brücke über den Rio
Serrano, die den illegalen Ausgang darstellt. Der Rio Serrano ist ein
relativ
schnell dahin strömender, von Gletschern gespeister Fluß,
der
an der Stelle der Brücke so ungefähr 30 m breit ist und von
zwei
Brückenresten mit einer kleinen Insel in der Mitte überspannt
wird. Von den Brücken ist nur noch wenig übrig, und ein wenig
leichtsinnig kommen wir uns schon vor , als wir zu zweit ein Fahhrrad
nach
dem anderen über die übriggebliebenen Planken bugsieren. Aber
wir haben keine Lust etwa 80 km wieder zurückzufahren und am
nächsten
Morgen soll sich diese Entscheidung auch als richtig erweisen. Nun sind
wir aber auch völlig geschafft, nach nur 53 km aber auch 4 Stunden
Sturm. In der Nähe des Flußes bauen wir unser Zelt in einer
windgeschützen Ecke auf und zum Abendessen kommt sogar die Sonne
ein
wenig raus. Dann fallen wir bald in unsere Schlafsäcke.
Die Sonne weckt uns und so kriechen wir erfreut aus unseren
Schlafsäcken,
fast 90 km bis Puerto Natales stehen uns heute bevor. Nach dem
Frühstück
müssen wir erstmal die nächste Höhe erklimmen, Hauke
läßt
sich heute richtig Zeit, was mich etwas nervös werden
läßt.
Doch zunächst genießen wir erstmal das tolle Panorama, das
gesamte Torres-Massiv zeigt sich in voller Pracht, allein dafür
lohnen
sich die Mühen von gestern. Immer wieder bietet sich der tolle
Ausblick
mit einem etwas anderen Vordergrund. Die ersten km legen wir auf der
nicht
mehr sehr frequentierten Privatstraße zurück, sie ist
schließlich
eine Sackgasse. Dafür ist ein ganzer Trupp Geodäten dabei die
Straße cm-genau zu vermessen, überall am Straßenrand
sind
ihre Holzschilder aufgestellt. Die haben wir schon häufig in Chile
gesehen, alle 20 oder alle 50 m gibt es ein kleines Holzschild mit der
Entfernung zum Startpunkt. An einer Estanzia wird der Weg besser, aber
einige Bäche
zwingen uns ein oder zweimal auch die Schuhe auszuziehen und
durchzuwaten.
Unterwegs begegnen wir einem Schweizer und einem Amerikaner, die
versuchen
mit dem Geländewagen abseits der normalen Piste zum Torres del
Paine
durchzukommen, aber nichtmal eine vernünftige Karte mithaben.
Gegen
späten Nachmittag kommen wir an der Höhle des Riesenfaultiers
vorbei, dessen Haar Bruce Chatwin zu seiner Patagonienreise animiert
hat.
Es wird schon langsam dämmrig, da erreichen wir Puerto Natales und
machen wieder Halt in unser kleinen Pension. Heute Abend schlagen
wir uns nur noch den Bauch mit zwei riesigen Hamburgern und zwei
großen
Bier voll. Am nächsten Morgen versuchen wir rauszufinden, ob das
Schiff
nach Puerto Montt irgendwann fährt, aber zunächst kann uns
keiner
was Richtiges sagen. Auf intensive Nachfrage wird der freundliche
Angestellte
des Reisebüros dann konkreter: Die 'Fähre' ist
hauptsächlich
für den Frachtransport da und fährt dann wenn alle Ladung an
Bord ist. Dabei wartet die Fähre dann auch schon mal 2-3 Tage auf
Fracht. Damit sind alle ausgehängten Fahrpläne Makulatur und
es besteht die Gefahr, daß wir noch 3-4 Tage in Puerto Natales
rumhängen.
Nach langem Hin und Her entschließen wir uns dann doch unseren
ursprünglichen
Plan zu verfolgen und mit dem Fahrrad bis an die südlichste Stadt
der Erde, nämlich Ushuaia zu fahren. Feuerland wir kommen! Den
Rest
des Tages verbringen wir mit Einkaufen, Kaffee trinken und ein bisschen
Ausruhen vor den nächsten Tagen. Nach einer kurzen Nacht stehen
wir
am nächsten Morgen schon um 8:00 Uhr auf, schließlich wollen
wir heute weit kommen, solange der Wind uns gut gestimmt ist. Der
leichte
Nieselregen läßt langsam nach und die Sonne kommt raus und
macht
so die kerzengerade Straße zu einem besonderen Erlebnis. Der
weite
Blick ist faszinierend, 50 km geht es nur geradeaus und fast
genauso weit können wir schauen. Der linke Arm wird gut
beansprucht,
jeder entgegenkommende Autofahrer grüßt uns freundlich, die
Chilenen haben etwas übrig für uns Radfahrer. Nach dem Mittag
überholt uns Martin aus Berlin er ist schon ein paar Monate
unterwegs
und dementsprechend gut trainiert. Wir wollen versuchen uns am Abend in
Villa Thuelches, dem einzigen Ort auf 250 km wiederzutreffen. Hauke und
ich fahren unseren Stil weiter, zunächst mit Rückenwind. Als
dann die Straße hinter Morro Chico (2 Häuser) nach rechts
abknickt,
weht er von der Seite und die letzten 50 km werden zur Herausforderung.
Nur alle 15 km unterbricht mal eine Estanzia die Eintönigkeit, bis
wir endlich in Villa Tehuelches ankommen. Wir suchen nach Martins Zelt,
sehen aber nichts und so schlagen wir unser Zelt auf einem Stück
Gemeindegrund
auf, Wasser gibt es an einem Hahn an einem Haus. Wieder bedaure ich,
daß
ich kein Spanisch kann, die Menschen kommen uns immer sehr freundlich
entgegen.
Schnell kochen wir noch ein bisschen bevor die Sonne hinter dem
Hügel
entschwindet und wir dann auch bald in das Reich der Täume. Die
Nacht
war saukalt und etwas steif kriechen wir aus unseren Schlafsäcken,
wieder haben wir über 100 km zu fahren heute, bis Punta Arenas
wollen
wir. Zunächst haben wir den Wind wieder im Rücken,
Mittagspause
machen wir an einem geschlossenen Hotel an der Laguna Cabeza del Mar.
Ab
der Polizeistation wo es zur Pinguinera geht weht uns der Wind ins
Gesicht
und wir haben wieder ein wenig zu kämpfen. Der Wind wird immer
stärker.
In Punta Arenas buchen wir den Bus von Ushuaia zurück, melden die
Fahrräder an . Auf der Suche nach einem Cafe treffen wir Martin
wieder,
der heute Morgen wohl etwas länger geschlafen hat. Wir verabreden
uns zum Abendessen in einem netten kleinen Restaurant. Wir verleben
einen
lustigen Abend, Martin hat noch kein Quartier und so nehmen wir ihn mit
in unser 3-Bett Zimmer. Wir haben die gleiche Richtung und wollen so
versuchen
etwas zusammenzufahren, wenn es Martin nicht zu langsam wird.
Nun heißt es übersetzen nach Feuerland, jenem
Fleckchen
Land im Süden, das nach der Legende so heißt, weil Magellan
als er die Magellanstraße runterfuhr all die Lagerfeuer an der
Küste
gesehen hat, an denen sich die Eingeborenen wärmten. Die haben
hier
fast nackt gelebt, und so die Feuer wahrscheinlich dringend nötig
gehabt. Es gab verschiedene Stämme von denen einer in kleinen
Familien
in Kanus lebte. So hart und grausam sich dieses Leben uns heute
in dieser unwirtlichen Gegend darstellt, als die Missionare in
vielleicht
noch nicht mal schlechter Absicht die Menschen in Kleider steckten, war
ihr Ende absehbar. Krankheiten und Seuchen ließen die
Feuerland-Indianer
in kurzer
Zeit aussterben. Zwei Stunden braucht die Fähre über die
Magellanstraße,
doch was heißt Fähre, sie sieht eher aus wie ein
Landungsboot
der Alliierten im 2.Weltkrieg. Auf der Fähre spricht uns eine
junge
Studentin aus Santiago an, in bestem Deutsch. Sie war in Santiago auf
der
deutschen Schule und so unterhalten wir uns eine Weile über ihr
Land
und unsere Reise. In Porvenir angekommen sind wir ganz schön
hungrig
und so suchen wir uns erstmal etwas zu Essen. Provenir ist mit fast
5000
Einwohnern die größte Ansiedlung von Häusern in Chiles
Teil von Feuerland, trotzdem ist es schwierig Sonntags ein offenes
Restaurant
zu finden. Der Wind wird schon wieder stärker, aber er soll
ja jetzt von hinten kommen, denn wir fahren immer Richtung Osten.
Leider
ist die Strecke so bergig, das der Wind heute überhaupt nichts
nützt.
Dafür sind die Ausblicke auf die Magellanstraße schön,
in unserm Übermut überlegen wir sogar kurz, ob wir ein Bad
wagen,
aber viel mehr als 5 Grad wird das Wasser nicht haben. Gegen Abend hat
Hauke einen Platten und so verlieren wir Martin fast, der ein wenig
vorgefahren
war. Schon ein paar Meter weiter hört man ein Rufen nicht mehr, so
laut ist der Wind. Nun heißt es einen Platz für die Zelte zu
finden, der Wind hat Orkanstärke erreicht und nirgendwo gibt es
einen
Busch oder Ähnliches. Schließlich fragt Martin an einer
Estanzia,
ob wir unser Zelt im Windschatten einer Scheune aufstellen können.
Trotzdem wird es eine sehr unruhige Nacht mit wenig Schlaf, so
rüttelt
der Wind am Zelt. 3 Italiener, die auch an der Estanzia
übernachten
haben heute in umgekehrter Richtung in 7 Stunden 30 km geschafft, da
können
wir uns glücklich schätzen. Eine aus Punta Arenas
mitgebrachte
Flasch Rotwein läßt den Abend ausklingen.
Heute morgen lacht uns die Sonne ins Zelt, es verspricht ein
toller
Tag zu werden, zumindest für uns. Der Wind bläst immer noch
in
Orkanstärke, das ist allerdings völlig normal, wie uns alle
versichern.
Uns bläst er glücklicherwiese in den Rücken und so haben
wir heute nicht viel zu tun. Aufs Fahrrad setzen, Bremsen loslassen und
mit über 35 km/h über die Piste sausen ohne zu treten. Der
Gag
des Tages ist: "Die nächste Pause gibt's am nächsten Baum."
Auf
den knapp 100 km bis San Sebastian in Argentinien haben wir einen
gesehen!
Erste Mittagspause machen wir an einem kleinen Hügel an einer
Estanzia,
wo wir ein ganz klein wenig Windschutz finden. Dann rasen wir weiter
bis
San Sabastian auf der chilenischen Seite. Dort
essen wir nochmal richtig warm ein Sandwich Milanese (Sandwich mit
einem
Schnitzel) und noch ein paar Pfannkuchen hinterher. Dann heißt es
die Ausreiseformalitäten hinter sich zu bringen, an 4
verschiedenen
Beamten müssen wir vorbei, bevor wir die Stempel in den Paß
bekommen, vor uns liegen 5 km Niemandsland. Unterwegs begegnet uns noch
ein Schweizer Pärchen, die versuchen sich in entgegengesetzter
Richtung
durchzuschlagen, sie haben meine Hochachtung, ich würde nicht die
Kraft dazu aufbringen, denn man kann sich kaum stehend auf der
Straße
halten. Auf der argentinischen Seite nochmal das gleiche, wieder 4
Beamte
bevor der Stempel im Paß ist. Übernachten werden wir in
einem
kleinen Zimmer in einem Anbau des Domizils des argentinischen
Automobilklubs,
wir wollen eine Nacht mal richtig schlafen. Nun sind wir also am
Atlantik
angelangt, vor wenigen Tagen haben wir noch in Puerto Natales an einem
Fjord des Pazifik gesessen. unsere weitere Route wird uns zunächst
am Atlantik Richtung Südwesten führen. Von den letzten Tagen
bin ich heute etwas müde und so hänge ich immer etwas hinter
den anderen beiden hinterher. Hier ist es flach und das ist Haukes
Revier,
mit gleichmäßigem Tritt machen er und Martin Tempo. Wir
kommen
an riesigen Estanzias vorbei, die
Besitzer sind reiche argentinische Großgrundbesitzer. Mittagsrast
machen wir am Atlantikstrand, der Sand ist richtig warm von der Sonne,
das Wasser allerdings zu kalt zum Baden. Faul liegen wir eine ganze
Weile
im Sand, bevor wir uns auf den Weg nach Rio Grande machen. Leider kommt
uns der Wind nun etwas entgegen. In der alten Mission der Salesianer
machen
wir Halt und schauen uns die Ausstellungen an, recht neutral wird die
Geschichte
und Ausrottung der Ureinwohner Feuerlands dokumentiert. Ein trostloses
Dasein führt ein Condor in einem Käfig, es ist wirklich ein
großer
Vogel, den wir im Torres del Paine schon oft über uns schweben
gesehen
haben. Nun ist es nicht mehr weit bis Rio Grande, einem nicht wirklich
schönen Ort, von hier hat Argentinien den Falkland-Krieg
geführt
und den Nachschub organisiert, nicht erfolgreich wie man weiß.
Trotzdem
betrachtet Argentinien die Malvinas wie sie eigentlich heißen
noch
immer zu Argentinien gehörig.
Das Leben muß hier für Argentinier unheimlich teuer sein,
ein
Kaffee kostet hier 2-3 Dollar (oder Pesos, 2001 gilt noch die Kopplung
des Peso an den Dollar: 1 Peso = 1Dollar) und die Leute verdienen
wesentlich
weniger als bei uns. Dabei verdienen die Leute im Süden
Argentiniens
wohl noch relativ viel. Rio Grande ist eine Retortenstadt, die wohl
hauptsächlich
vom Militär lebt. Wir mieten uns in eines der ältesten
Häuser
der Stadt ein, das jetzt ein Backpacker beherbergt. Das 70 Jahre alte
Holzhaus
wird gerade von der Besitzerin renoviert, stolz zeigt sie uns wie
damals
gebaut wurde: Das ganze Haus steht auf Holpfählen. Gemütlich
kochen wir in der großen Küche des 'Hotel Argentinia' und
trinken
noch eine Flasche Rotwein. Am nächsten Morgen kommen wir erst
spät
aus den Betten, als wir unsere Fahrräder fertig haben ist es schon
fast Mittag. Die ersten zwei Stunden kommen wir gut voran und so haben
wir dann zur Mittagspause schon 50 km. Langsam verändert sich auch
die Landschaft, immer mehr Bäume kommen hinzu und auch die ersten
Berge können wir im Hintergrund sehen. Von den letzten Tagen bin
ich
ganz schön kaputt und muß ganz gut kämpfen, die anderen
beiden fahren mir regelmäßig davon und müssen dannn auf
mich warten. Schließlich kommen wir doch noch in Tolhuin an. Im
Dorf
machen wir erstmal Rast und ziehen uns das größte
Milanese-Sandwich
rein, was man sich vorstellen kann. Selbst wir ausgehungerte Radler
haben
Schwierigkeiten alles zu verputzen. Dann gehts runter an den See, wo
ein
Argentinier einen kleinen Campingplatz mit ein paar ganz einfachen
Hütten
unterhält. Da wir zu faul sind heute Abend noch das Zelt
aufzubauen
entscheiden wir uns für die Hütte, in der schon zwei
Schweizer
untergebracht sind. Immerhin ist ein Ofen in der Hütte und so ist
es angenehm warm. Hauke schläft nach dem Abendessen sofort ein.
Wir
anderen unterhalten uns noch ein wenig bevor auch wir in das Reich der
Träume weggleiten.
Nun verläßt uns Martin wieder, er möchte in einem
Tag nach Ushuaia fahren, während wir uns zwei Tage Zeit lassen
wollen.
Wir verabreden uns wieder in einem Backpacker in Ushuaia, wo Martin uns
auch zwei Betten reservieren soll. So lassen es Hauke und ich heute
einigermaßen
gemütlich angehen, zumal die Strecke nicht sonderlich angenehm zu
fahren ist, da aufgrund der vielen LKW der Sand so feingefahren ist,
daß
wir minutenlang in einer Staubfahne fahren, wenn uns ein Auto
überholt
hat. Wir übernachten auf dem Weg
nach Ushuaia in einer noblen Herberge, dem Hostel Petrel, wo uns
morgens
Biber besuchen. Nach einem empfindlich steilen Anstieg auf einem
kleinen
Bergweg
hat man eine schöne Sicht in Richtung Norden. Nun geht es
erstmal
abwärts, in Begleitung der Teilnehmer einer geführten
Mountainbike-Tour
von Pared Sur (einem Chilenischen Unternehmen). Danach ist ein
schönes
Tal zu durchqueren, nun wieder auf Asphalt, im Winter wird hier viel
Ski
gefahren. Es heißt Tal der Huskies und das nicht zu Unrecht, denn
wir sehen einige der Hunde und auch eine ganze Reihe Laternen auf einer
Wiese aufgestellt, wo im Winter Rennen stattfinden. Unterwegs kehren
wir
noch in einem Cafe ein, bevor wir am Ende des Tale Richtung Ushuaia
abbiegen
und nun wieder ein wenig gegen den Wind kämpfen müssen. Bei
strahlendem
Sonnenschein erreichen wir die Stadt am Ende der Welt und bahnen uns
den
Weg zum Hostel, wo uns Martin schon erwartet. Heute ist nur noch
Faulenzen
und Essen angesagt, bevor wir in den nächsten Tagen Ushuaia und
den
Parc Nacional Terra del Fuego erkunden wollen.
Am nächsten Tag besteigen wir erstmal den Hausberg Ushuaias,
der einen sehr schönen Blick über die Beagle-Kanal bietet.
Mit
dem Fahrrad fahren wir zur Talstation der Liftes
und laufen von dort die restlichen Höhenmeter bis auf
ungefähr
1000 m der Gletscher anfängt. Hauke wandert noch weiter,
während
ich es etwas ruhiger angehen lasse und mich nachmittags in ein Cafe in
Ushuaia setze. Den Tag darauf steht das
ehemalige Gefängnis zum Besuch an, in Ushuaia war eines der
wichtigsten
Sträflingslager Argentiniens. Heute ist hier ein Museum das die
Schifffahrt
und das ehemalige Sträflingslager behandelt. Ushuaia ist
Treffpunkt
von vielen Globetrottern, die entweder in der Gegend wandern wollen
oder
mit dem Schiff in Richtung Antarktis wollen. Von hier werden viele
kleinere
Kreuzfahrten angeboten mit zum Teil guten Begleitprogramm. Wir haben
leider
keine Zeit noch 9 Tage in die Antarktis aufzubrechen und machen deshalb
nur einen Abstecher in den Parc Nacional Terra del Fuego, wo wir auf
den
Cerro Guanaco wandern (auf ungefähr 1000 Höhenmeter). Es ist
ziemlich windig heute und so werden die letzten 300 Höhenmeter
ohne
Weg recht anstrengend. Dafür haben wir von oben einen tollen Blick
auf den Beagle-Kanal und die Cordillera Darwin. Ich lasse es am
Nachmittag
etwas ruhiger angehen, während Hauke noch die letzten Winkel des
Parkes
durchstreift.
Langsam geht unser Urlaub zu Ende und wir müssen mit dem Bus
wieder Richtung Punta Arenas. Der Bus fährt frühmorgens los
und
braucht fast 10 Stunden bis Punta Arenas. Der Busfahrer will uns erst
nicht
mitnehmen, aber mit Händen und Füßen können wir
ihn
überzeugen und durch Zerlegen des Fahrrades bekommen wir doch noch
alles mit. Nur gut, daß wir so früh am Abfahrtspunkt gewesen
sind. Nun fahren wir die ganze Strecke wieder rückwärts bis
San
Sebastian. Zwischendurch in Rio Grande heißt es noch den Bus
wechseln,
wieder Streß, die Fahrräder irgendwo zwischenklemmen und
schon
geht es weiter. Hinter San Sebastian
fahren wir nicht mehr die Strecke, die wir auf dem Hinweg gekommen
sind,
sondern biegen nach Norden ab. Die Fähre über die
Magellanstraße
ist trotz des Windes und der Wellen nur eine modifizierte Fähre,
wie
man sie bei uns auf Flüssen findet. Als der Bus von der Fähre
wieder runterfährt ist plötzlich einer der Zwillingsreifen
platt
hinten. Keiner regt sich auf, hier werden die Reifen eben gefahren, bis
sie den Geist aufgeben. Innerhalb einer halben Stunde ist der Reifen
gewechselt.
Ich frage mich, was passiert, wenn ein zweiter Reifen kaputtgeht... Am
frühen Abend kommen wir in Punta Arenas an, wo uns noch einTag
bleibt,
den wir noch durch die Stadt streifen, bevor es dann wieder mit dem
Fahrrad
zum Flughafen geht. Am Kai außerhalb der Stadt sehen wir die
"Polarstern",
das deutsche Polarforschungsschiff liegen. Mit dem Forschungsschiff
habe
ich es bis hierhin während meiner Zeit als Ozeanograph nicht
geschafft,
aber 5 spannende und eindrucksvolle Wochen mit Rad und per pedes liegen
hinter uns. 5 Wochen, die oft auch ziemlich anstrengend waren. Aber
immer
wenn ich Schwierigkeiten hatte mich zu motivieren, habe ich daran
gedacht
wie Bruce Chatwin hier gereist ist und wie er genächtigt hat und
mich
über meine warmen Schlafsack und das sturmsichere Zelt gefreut.
Tourenkarte
Patagonien:
Karte: (c) OpenStreetMap (and) contributors, CC-BY-SA, www.openstreetmap.org
Copyright 2001: Volker Beitzel, Fragen und Anregungen per email:volker@volker-beitzel.de