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Islay "Halbrund" 2003

Bericht: Robert Köhler / Fotos: Volker Beitzel

Das dumpfe Geräusch des Schiffdiesels ist hier, tief unten im Rumpf der Fähre stets zu hören. Das Dröhnen wird nachts nur durch die laute Suche der angetrunkenen Engländer nach ihrer Kabine unterbrochen. Vielleicht hätte sich der Aufpreis für eine Kabine ein paar Decks höher doch gelohnt. Zum Glück muss ich mich am nächsten Tag nicht ans Steuer setzen um mich mit dem Linksverkehr auseinanderzusetzen.

Der kleine Fährhafen Kennacraig begrüßt uns mit Midges und Fish and Chips, zwei Dinge die uns die ganze Reise begleiten werden. Midges sind kleine Kribbelmücken, deren Weibchen auf das Blut von Säugetieren aus sind. Die ersten zwei Tage merkt man fast nichts vom Stich, aber dann treibt einen das Jucken fast in den Wahnsinn. Da helfen dann nur noch Socken an den Händen, damit man sich nicht das Gesicht zerkratzt. Die verschiedenen Repellants, von Dschungelöl über Autan bis hin zu den lokalen Kräutertinkturen, haben alle nichts geholfen. Wirksam waren allein die Mittel mit DEET, was hilft muss auch schädlich sein. Fish and Chips hingegen gehören zu den angenehmen Seiten des Empires. Man nimmt Haddock ( Shellfisch ) und Chips ( Pommes ) und packt beides zuerst in siedendes Öl und dann in Zeitungspapier.

Die Boote liegen tief im Wasser, als wir uns an diesem Tag aufmachen um unsere Islay-Umrundung zu beginnen. Nur langsam lassen wir den Hafen von Port Ellen hinter uns und nehmen Kurs auf den Mull of Oa. Die Seekarte zeigt in diesem Gebiet Overfalls, stehende Wellen die sich bilden, wenn eine Tidenströmung über eine Stufe im Meeresboden fließt. Ein lautes Prusten reißt uns jedoch aus unseren Gedanken an eine der schwierigsten Stellen der Tour. Direkt neben uns taucht ein Tümmler auf, keine 5m neben unseren Booten. Das Tier begleitet uns für einige Minuten um dann einzusehen dass wir keine guten Spielkameraden sind. An „the Oa“ können wir uns landseitig vorbei mogeln, doch weiter draußen sieht man selbst bei Kentern der Tide noch hohe Wellen. Keiner von uns wäre jetzt gerne in dieser Suppe.

  

Heute soll es nach Bowmore gehen, der Inselhauptstadt. Schon beim Einsteigen begrüßt uns Loch Indaal mit hohen Wellen. Der stete Wind aus Südwest presst die Atlantikdünung  in die sonst geschützte Bucht. Nachdem wir die Hälfte der Tagesetappe zurückgelegt haben diskutieren wir ob eine Weiterfahrt möglich ist, oder ob wir die Bootswagen nehmen sollen um über Land weiter zu reisen. Glücklicherweise entscheiden wir uns weiter zu paddeln und sehen so noch die Seehunde die sich kurz vor Bowmore auf einigen Felsen aalen.

Bowmore ist das Verwaltungszentrum und die größte Stadt der Insel. Es gibt eine Schule, die Bowmore Destillerie und eine runde Kirche. Man sagt die Kirche sei rund, damit sich der Teufel nicht in den Ecken verstecken kann. Außerdem gibt es hier auch ein Schwimmbad welches mit der Abwärme der Destillerie geheizt wird. Leider gibt es im ganzen Ort kein einziges Zimmer mehr, so dass wir unsere Zelte auf dem Sportplatz aufschlagen müssen. Die Landwirtschaftsausstellung am nächsten Tag scheint das Highlight im Veranstaltungskalender Islays zu sein.

Zwei Tage später, mit Port Charlotte als Basis, gelingt es uns doch noch die Bowmore Destillerie zu besuchen. Hier erfährt man eine Menge über die Whiskyherstellung und darf auch diesen leckeren Islaymalt verkosten. Die Bowmoredestillerie ist eine der wenigen Destillerien die ihre Gerste noch selbst mälzt. Die Gerste wird in Wasser eingeweicht und zum Keimen gebracht. Sie wird dann eine Woche lang auf dem Malzboden stetig gewendet. Die Keimung der Gerste wird durch Erhitzen über einem Torffeuer gestoppt. Der Rauch aus diesem Feuer gibt den Islaymalts auch ihren charakteristische rauchigen-torfigen Geschmack. Das Malz wird zu feinem Schrot ( grist ) gemahlen und mit Quellwasser versetzt. Im Maischebottich wird der Zucker dann extrahiert. Dieses Extrakt wird mit Hefe versetzt und in den Gärbottichen ( wash backs ) zu einem starken Bier vergoren. Im den Brennblasen, deren Form von Destillerie zu Destillerie variieren, wird dann das Wasser des Lebens ( gälisch uisge beatha) , der Whisky gebrannt. Er wird mit einem Alkoholgehalt von etwa 70 Vol % in Eichenfässer abgefüllt. Währen der Reifung verdunstet ein Teil des Whiskys, der sogenannte Angels share. Vor dem Abfüllen wird der Whisky dann meist auf ca. 40 Vol % verdünnt.

Nach einem Tag Pause tut es gut endlich wieder im Kajak zu sitzen. In Portnahaven machen wir Pause und beschäftigen einen der herrenlosen Hunde des Ortes. Unermüdlich apportiert er Colaflaschen, Steine, einfach alles was man wegwirft. Kurz darauf treffen wir auch noch einen der Insulaner den wir am Vorabend im Pub gesehen haben. Man merkt dass die Insel klein ist und jeder irgendwie jeden kennt. Bei Pornahaven befindet sich auch das erste Wellenkraftwerk in Großbritannien. Diese 500 kW Anlage kann 400 Haushalte mit Strom versorgen. Vom Wasser aus sind allerdings nur das Betongebäude und ein Rohr zu Wasser zu sehen. In einer kleinen Bucht landen wir an und bauen erst einmal eine ebene Fläche aus Kieseln für unsere Zelte. Hier gibt es zwei Dinge im Überfluss; Midges und Schafe. Dias Essenkochen gestaltet sich äußerst schwierig weil man ständig damit beschäftigt ist die Midges abzuwehren. Das Essen müssen wir dann auch notgedrungen im Zelt einnehmen.

Der nächste Morgen bringt genug Wind um die Midges zu vertreiben, er produziert aber auch eine ansehnliche Welle. Da wir die Welle von schräg achtern haben und es in Aussicht steht einen Großteil der Strecke in Lee zu fahren, machen wir uns trotz anfänglicher Bedenken auf den Weg. Bei dieser Welle lassen sich die Skegboote nur schwer auf Kurs halten. Als ein vorgelagerter Fels vor uns auftaucht, müssen wir uns entscheiden, ob wir zwischen Fels und Steilküste hindurch oder außen herum fahren. Ich wage mich als erster in die Durchfahrt und muss feststellen, dass das Wasser hier sehr flach ist. Schon bauen sich die Wellen, die von hinten  auflaufen auf, doch zum Glück brechen sie sich nicht. Ich kämpfe um die Kontrolle über das Boot zu behalten und komme sicher durch die Enge. Ich drehe mich um und will den anderen signalisieren außen herum zu fahren, sehe aber die Ersten schon in die Durchfahrt paddeln. Glücklicherweise kommen alle von uns durch ohne mit dem schottischen Fels Bekanntschaft zu machen. Endlich in Lee angekommen zeigt sich leider dass die zerklüftete Küste hier starke Fallböen erzeugt. Bei 8 Beauforts von vorne stehen wir auf der Stelle. Nach geraumer Zeit ohne Fortschrittholen wir die Schleppleinen raus um doch noch weiter zu kommen. Als wir den nächsten Strand erreichen an dem ein Ausstieg möglich ist sind wir alle völlig erschöpft. Wir ziehen die Boote auf den Strand und ruhen uns im Windschatten einiger Felsen aus. Als wir uns umsehen bemerken wir dass wir auf einer riesigen Kuhweide angelandet sind. Weiter oben in den Dünen erhebt sich ein alter Bauernhof. Scheren Herzens machen wir uns mit den schwerbeladenen Kajaks auf den Weg durch die Dünen. Am Straßenrand schlagen wir dann unser Lager auf. Ein wahrer Glücksfall sind die zwei Angler die wir treffen, denn sie überlassen uns ohne zu zögern 5 l Trinkwasser. So können wir unsere eigenen Vorräte schonen.

Am nächsten Tag zeichnet sich immer noch keine Wetterbesserung ab und so beschließen wir die Reise hier abzubrechen. Volker und Tanja trampen zurück nach Port Askaig um unsere Autos zu holen, die noch auf dem Festland stehen. Als wir auf dem Weg zurück zum Festland einen Blick aus dem Fenster werfen sind immer noch Wellen von 2-3 m Höhe zu sehen die auf den Strand rollen. Tröstlich ist nur, dass noch eineinhalb Wochen Sightseeing und Wandern vor uns liegen.



Karte:

Karte: (c) OpenStreetMap (and) contributors, CC-BY-SA, www.openstreetmap.org


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